Fraktionsvorsitzender_Florian_Varinli

Haushaltsrede für das Jahr 2024

Von Florian Varinli (Fraktionsvorsitzender CDU Schlüchtern)

Sehr geehrter Herr Vorsitzender,
sehr geehrter Herr Bürgermeister,
Sehr geehrte Damen und Herren,

ich beginne meine Rede zum städtischen Haushalt 2024 mit einem Zitat:

„Die Zukunft hängt davon ab, was wir heute tun.“

Es ist schon einige Jahrzehnte her, dass der indische Publizist, Freiheitskämpfer und Pazifist Mahatma Gandhi diese bedeutsamen Worte ausgesprochen hat. Aber sie haben an ihrer Gültigkeit und ihrer Bedeutung nichts verloren. Im Gegenteil: Vielleicht sind sie angesichts der Lage in der Weltpolitik und in unserem Land wichtiger denn je. Denn die Zeiten sind unruhig, die Zeiten sind schwierig. Das wissen sie alle selbst, liebe Kolleginnen und Kollegen.

„Die Zukunft hängt davon ab, was wir HIER heute tun.“

Das gilt für Schlüchtern, unsere Heimatstadt, das gilt auch für die Stadtteile. Ich möchte gleich zu Beginn meiner Rede an Sie appellieren: Haben Sie die Motivation und auch den Mut für Veränderungen und Investitionen. Denn nur so machen wir den Wirtschaftsstandort Schlüchtern fit für die Zukunft, nur so bringen wir unsere Heimat voran.

Fakt ist, wir brauchen in Zukunft viel Geld. Es stehen hohe Investitionen an. Und die sind auch zwingend notwendig, liebe Stadtverordnete. Denn auch wir müssen mit den Auswirkungen von unterschiedlichen Krisen und den Nachwirkungen der Pandemie kämpfen.

Bei unseren strategischen Planungen müssen wir ehrlich sein. Niemand kann versprechen, dass es auf Dauer keine Steuererhöhungen geben wird. Aber wir müssen alles tun, um diese zu vermeiden.

Unser vorrangiges Ziel muss es sein, die Wirtschaft, die Unternehmen der Stadt Schlüchtern zu stärken.
Denn: Eine Stärkung der Unternehmen bedeutet höhere Umsätze und damit verbunden sind direkt und indirekt höhere Steuereinnahmen für Schlüchtern.
Arbeitsplätze werden gesichert, die Kaufkraft der Bürgerinnen und Bürger gestärkt. Damit finanzieren wir uns.
Unsere Anträge zum Haushalt zielen daher auf die Stärkung der Wirtschaft in Schlüchtern ab.

Wirtschaftsförderung ist die Ausrichtung der CDU Schlüchtern, und darauf arbeiten wir hin. Und um die Attraktivität der Schlüchtern zu erhöhen, gehören zur Wirtschaftsförderung auch grundsätzlich folgende Bereiche dazu:

  • ein ordentliches Angebot an Kinderbetreuung
  • Bauplätze für Familien
  • eine ordentliche Infrastruktur mit Straßen, Wegen, Bürgersteige
  •  eine optimal ausgestattete Feuerwehr
  • die Unterstützung des Ehrenamtes
  • Ausbau des Tourismus
  •  und ein starkes Stadtmarketing

Werfen wir nun, wie gewohnt, einen Blick in den vorliegenden Haushalt 2024: Hier einige Zahlen, Fakten und Kommentierungen:

Das Gesamtvolumen beträgt 46,67 Millionen Euro, Schlüsselzuweisungen des Landes gibt es in Höhe von 9 Millionen Euro.

Die Erträge aus dem Gemeindeanteil Einkommensteuer und Umsatzsteuer sind steigend. Die Höhe der Gewerbesteuer-Einnahmen beläuft sich auf 10,9 Millionen Euro, 15 Prozent davon gehen wieder an Bund und Land zurück.

Die Einnahmen aus Grundsteuer A und B erfahren keine wesentlichen Änderungen.

Dies gilt allerdings nicht für die Personalkosten. Diese liegen in 2024 bei 11,4 Millionen Euro und steigen damit um 1,385 Millionen Euro gegenüber dem Vorjahr. Hinzu kommen Versorgungsaufwendungen in Höhe von 440.000 Euro. Grund für die Steigerung sind Tariferhöhungen und die Erweiterung der Kita-Plätze.

Wir haben über 80 neue Kita-Plätze im Stadtgebiet – vorausgesetzt uns stehen ausreichend Erzieherinnen und Erzieher zur Verfügung. Das ist eine sehr ordentliche Zahl, mit der wir zufrieden sein können.

Weitere Fakten: Die Kreis- und Schulumlage wird deutlich erhöht.

Und seit dem Haushaltsjahr 2023 gehört unsere Stadt im Landesentwicklungsplan nicht mehr zum ländlichen Raum, sondern zum Verdichtungsraum.

Die Folge: Wir verlieren jährlich 880.000 Euro.
Ausgleichszahlungen des Landes liegen daher in 2024 bei 800 TEUR.
Dieser Betrag schmilzt nun jährlich um 1/10 ab.

Die geplanten Investitionen liegen in 2024 bei 16 Millionen Euro und die geplante Netto-Neuverschuldung bei knapp 11 Millionen Euro

Der Gesamtschuldenstand der Stadt Schlüchtern wird zum Ende des Jahres 2024 wohl rechnerisch deutlich über 45 Millionen Euro betragen.

Die Pro-Kopf-Verschuldung in Schlüchtern beträgt damit 2.680,00 Euro, also fast doppelt so hoch im Vergleich zum Vorjahr mit 1.433,00 Euro. Das ist eine Zahl, die wir nicht so einfach wegwischen, sondern uns dringend zum sorgsamen Haushalten mahnen sollte.

Der Eigenbetrieb Wasserwerke ist da übrigens nicht mit drin.

Die Netto-Tilgungsleistung (ohne Bedienung der Hessenkasse) liegt bei 1,729 Millionen (eigentlich 2,125 Mio.), im Vorjahr waren das noch 1,384 Millionen Euro. Das bedeutet der Tilgungsanteil sinkt von 17% auf 15,8% im Verhältnis zum Gesamtschuldenstand und, meine Damen und Herren, aufgrund der deutlich höheren Verschuldung und dem steigenden Zinsniveau sinkt der Kapitaldienst zwangsläufig. Leider und das muss man klar sagen, sinkt dadurch auch die Kapitaldienstfähigkeit.

Zum Zinsaufwand: 2024 beträgt dieser 830 TEUR, in 2023 waren es noch 635 TEUR. Das bedeutet eine Steigerung in Höhe von 130 Prozent.

Und auch das Murmeltier grüßt, in unserem Falle jährlich: Die Tilgung an die Hessenkasse: beträgt in 2024 wieder 395.675 Euro. Das ist die gleiche Summe wie im Vorjahr, die Tilgungen begleiten die Stadt noch bis zum Jahr 2036. Dann beträgt die Schlussrate noch 73.525 Euro.

Wir investieren mit einer beträchtlichen Summe in 170 Kilometer Kanalsystem.  Hier muss in den nächsten Jahren viel saniert werden. Der Kanal wird befahren, dann wird der Zustand beurteilt, dann erfolgt die Sanierung.

2028 kommt die kommunale Wärmeplanung dazu, bis dahin muss die Planung vorliegen. Ingenieurbüros müssen dafür ein Konzept erstellen, das bindet enormes Kapital bei der Stadt.

Während wir im Ergebnishaushalt wieder ordentliche Zahlen finden, was sehr gut ist, ist aber gleichwohl der Gesamtfinanzhaushalthaushalt in 2024 erneut defizitär: es fehlen 705.000,00 Euro. Im Vorjahr waren es 500.000 Euro. Wir kompensieren dies durch entsprechende Rücklagen, die sogenannte freie Liquidität der Stadt.

Hier müssen wir gehörig aufpassen, da diese sich nunmehr kontinuierlich verringern. Wir mahnen an dieser Stelle dringend eine Konsolidierung an. So kann das auf Dauer nicht weitergehen.

Im Haushalt 2022 hatten wir einen sogenannten regelmäßigen Stresstest erfolgreich gefordert. Dieser wird nunmehr im Bericht über den Haushaltsvollzug umgesetzt. Vielen Dank für die Umsetzung. Generell möchte an dieser Stelle die Gelegenheit nutzen, allen Mitarbeitenden der städtischen Verwaltung für ihr Engagement zu danken. Das ist vorbildlich und klasse. So kann man gut arbeiten! Und an Frau Kohlhepp, vielen lieben Dank für die vielen guten Gespräche.

Kommen wir zu den Hebesätzen bei der Grund- und der Gewerbesteuer: Es ist sehr erfreulich, dass diese nicht geändert werden.

Dies steht für eine verlässliche Politik und einen verlässlichen Wirtschaftsstandort Schlüchtern.

Blickt man in die Nachbarschaft, stellt man fest, dass das die Stadt Steinau mal vorgeschlagen hatte, die Grundsteuerhebesätze um 200 Punkte anheben zu wollen und die Gewerbesteuer um 5 Punkte.

Davon sind wir in Schlüchtern weit entfernt und eine solche Erhöhung wäre auch mit uns nicht zu machen.

Aber Vorsicht: Ich erinnere an die Grundsteuerreform. Es wurden nunmehr die neuen Grundsteuerwerte festgestellt, der Prozess dazu ist schon ziemlich weit fortgeschritten.

Ab dem Jahr 2025 finden die neuen Grundsteuerwerte Anwendung. Damit lösen sie die heute noch angewandten Einheitswerte ab.

Das heißt: für das HH 2025 müssen wir die Hebesätze neu definieren.

Denn würden wir diese einfach so lassen, käme auf viele Bürgerinnen und Bürger eine höhere Belastung zu. Diese ergibt sich schon alleine aus der neuen Systematik der Grundsteuerwerte. Hier müssen wir dann sorgsam rechnen und haushalten. Eine versteckte Steuererhöhung durch die Hintertür müssen wir vermeiden.

Auch werden wir über eine mögliche Einführung der Grundsteuer C diskutieren müssen.

Ich möchte an der Stelle die Möglichkeit einer neue Grundsteuer C erstmal nicht bewerten, aber folgende Information dazu geben:

Künftig können Gemeinden für baureife, aber unbebaute Grundstücke einen höheren Hebesatz festlegen, wenn keine Bebauung erfolgt und diese nicht der Land- und Forstwirtschaft zugeordnet sind.

Diese sogenannte Grundsteuer C verteuert damit die Spekulation und soll so finanzielle Anreize bieten, auf baureifen Grundstücken tatsächlich auch Wohnraum zu schaffen.

Ich möchte weitere wichtige Themen in dieser Rede ansprechen.

Da sind zunächst die Stadtteile:

Wir haben Projekte in Elm, Hutten, Klosterhöfe, Hohenzell, Herolz, Niederzell und Ahlersbach: Dort finden im IKEK-Programm An-, Um- und Neubauten, sowie Ertüchtigungsmaßnahmen statt.

Alles sind enorm wichtige Projekte zur Stärkung unserer Ortsteile. Wir stehen zu unseren Ortsteilen und unterstützen diese. Es gibt aus unserer Sicht keinen sogenannten Speckgürtel, sondern alle verdienen eine ordentliche Behandlung.

Dies ist einer unserer Leitgedanken. Und das wird auch so bleiben.

Der geplante Neubau des Feuerwehr Standortes ist ohne Zweifel ein Großprojekt mit Baukosten von mehr als 15 Millionen Euro. Aber das steht außer Frage. Unsere Feuerwehren erfahren die uneingeschränkte Unterstützung der CDU Schlüchtern.

Der Hochwasser- und Zivilschutz ist weiterhin ein sehr zentrales Thema. Hier muss was getan und hier muss investiert werden. Wir brauchen wirksame Konzepte, noch dieses Jahr. Die Zeit drängt, niemand weiß genau, wie sich die geopolitische Lage entwickelt und welche Unwetterereignisse aus uns zu kommen.

Zum Thema Kinderbetreuung, insbesondere der Waldkita: Die Entscheidung für die Verknüpfung der neuen Wald-Kita mit der Kita Die Arche in Niederzell war absolut richtig.

Schlüchtern soll attraktiv sein, für Unternehmen und für die Bürgerinnen und Bürger. Dazu gehört – wie bereits erwähnt – eine ordentliche Kinderbetreuung, die flexibel und verlässlich ist. Das sind wir unseren Bürgerinnen und Bürgern und Unternehmern einfach schuldig. Eine Investition in unsere Kinder ist immer goldrichtig. Kinderbetreuung ist für eine Stadt immer defizitär. Aber darum geht es auch nicht, sondern es ist immer eine wichtige Investition in die Zukunft.

Wohnmobilstellplatz auf dem Vogtgelände: Ja ich werde nicht müde, diesen immer wieder anzusprechen, ist dieser doch wichtig für die Förderung von Tourismus und Wirtschaft. Wohnmobilisten sind immer bereit, für einen ordentlichen Stellplatz mit guter Infrastruktur zu bezahlen. Und schließlich gehen sie in Schlüchtern auch einkaufen und nutzen die Gastronomie.

Unternehmen in Schlüchtern, z.B. Immergut & Vomberg: Sie sind allesamt wichtige Unternehmen in und für Schlüchtern. Wir sichern mit ihnen Arbeitsplätze und Gewerbesteuerzahlungen, die wir dringend benötigen. Wir stehen zu allen unseren Unternehmern.

Stadtentwicklungsgesellschaft Schlüchtern, kurz SEG:

Die Stadtentwicklungsgesellschaft ist eine hundertprozentige Tochter der Stadt, für die auch Gelder im Haushalt eingestellt sind. Und wer Kinder hat, der weiß, dass die Geld kosten.

Auch hier werde ich nicht müde es zu betonen: Die SEG stellen Sie sich bitte wirklich wie einen kleinen Bauhof vor. Ich höre oft, wir würden da Steuergelder versenken, wenn es schief geht.

Aber bitte: Machen wir uns doch nichts vor. Wenn die Projekte tatsächlich schief gehen, versenken wir alle auch ohne die SEG Steuergelder. Nur wird es durch die Bilanz der SEG transparenter.

Wenn die SEG nicht einbezogen wird, werden die Projekte ja sicherlich dennoch umgesetzt.

Nur verlieren sich die Zahlen dann im Haushalt.

Energie-Bergwinkel GmbH: Klimaschutz ist wichtig, das ist unbestritten. Aber wir müssen bitte mit Augenmaß agieren und ohne Wildwuchs von Freiflächen PV-Anlagen und Windkraftanlagen. Gespannt warten wir vor der Gründung der GmbH auf die geforderten Kriterien/Leitplanken zur Errichtung von Freiflächen-PV Anlagen.

Die genaue Umsetzung einer Energie GmbH und das zusammenhängende Gesamtkonstrukt ist gesellschafts- und steuerrechtlich vorab genau zu prüfen. Hierzu werden wir unsere Eingaben machen und das Thema mit der Stadt diskutieren.

Freibad Schlüchtern: Hierhandelt es sich bekanntlich um Millionenprojekt. Aber es ist wichtig für den Schulstandort Schlüchtern und ganz besonders für die Familien. Wir stehen weiterhin zum Freibad Innenstadt und selbstverständlich auch zum Freibad in Hutten. Da gibt es keine Diskussion.

Gewerbeflächen: Hiervon brauchen wir mehr. Unser Portfolio an potenziellen neuen Gewerbeflächen ist nahezu erschöpft, hier müssen Überlegungen angestellt werden, wie wir diese erweitern können.

Infrastruktur, Straßensanierungen: Immer ein Dauerbrenner, hier ist in Schlüchtern noch sehr viel zu tun. Wichtig, denn eine ordentliche Infrastruktur trägt zur Attraktivität bei und zur Zufriedenheit der Bürger. Zukünftigen Generationen gegenüber sind wir da auch verpflichtet.

Online-Zugangsgesetz: Das müssen wir voranbringen. Grundlage ist die der Verwaltungsdigitalisierung. Eigentliche Umsetzung sollte bis Ende 2022 stattfinden, im Januar kam dann ein Änderungsgesetz und keine Umsetzungsfrist mehr. Mein Appell: wir sollten nicht warten, bis man es machen muss, sondern mutig vorangehen!

Ich fasse zusammen: Wir brauchen Mut für Veränderungen, denn nur so können wir unsere Heimat stark machen. Aber wir dürfen auch nicht blindlings agieren. Dieser Spagat muss uns gelingen. Ich bin sicher, dass uns dies gelingt. Wir haben so viel Expertise in Politik, Verwaltung, Vereinen und Gesellschaft.

Deshalb nochmals mein Hinweis:

„Die Zukunft hängt davon ab, was wir hier heute tun.“

Meine Damen und Herren, vor uns liegt ein ausgeglichener Haushalt, der wohl auch genehmigungsfähig ist. Er ist wieder sehr sportlich, gleichwohl beinhaltet er viele Chancen für die Stadt. Er birgt aber auch Risiken. Auf diese habe ich hingewiesen.

Unser Dank gilt allen, die am Haushalt 2024 mitgewirkt haben.

Die CDU Fraktion wird dem Haushalt 2024 zu stimmen.

Vielen Dank fürs Zuhören.

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